Vertragsprüfung vor Unterschrift: Die ultimative Checkliste für Immobilienkäufer in Deutschland

Bevor du unterschreibst: Was du im Immobilienkaufvertrag unbedingt prüfen musst

Ein Immobilienkauf ist der größte finanzielle Schritt, den die meisten Menschen in ihrem Leben machen. Und trotzdem unterschreiben fast die Hälfte der Käufer den Vertrag, ohne ihn von einem Fachmann prüfen zu lassen. Laut einer Umfrage des IVD aus 2023 tun das 42% - und das kostet am Ende durchschnittlich 15.000 Euro an nachträglichen Rechtskosten. Du brauchst keine teuren Anwälte, um dich zu schützen. Aber du brauchst eine klare, strukturierte Checkliste. Hier ist sie - aktualisiert für 2025, mit allen kritischen Punkten, die wirklich zählen.

1. Wer ist eigentlich der richtige Verkäufer?

Bevor du auch nur einen Blick auf den Preis wirfst, prüfe: Wer hat das Recht, diese Immobilie zu verkaufen? Der Name im Vertrag muss exakt mit dem Namen im Grundbuch übereinstimmen. Kein "Herr Meier" oder "Frau Meier-Wagner" - nur der vollständige, amtlich registrierte Name. Das Grundbuch ist dein wichtigstes Dokument. Du bekommst es vom Notar, aber du musst es vor dem Termin prüfen. Wenn dort nicht der Verkäufer als Eigentümer steht, ist der Vertrag nichtig. In 7% der Fälle, die Notarin Sabine Müller aus München dokumentiert hat, ist genau das passiert - jemand hat versucht, eine Immobilie zu verkaufen, die er gar nicht besaß. Oder es gab noch einen zweiten Erben, der nicht unterschrieben hatte. In solchen Fällen kann der Vertrag später angefochten werden - und du verlierst nicht nur das Haus, sondern auch dein Geld.

2. Was genau kaufst du eigentlich?

Der Vertrag sagt: "Einfamilienhaus mit Garten, 120 m², Baujahr 1987." Klingt klar? Ist es nicht. Du musst die genaue Flurstücknummer prüfen. Die findest du im Grundbuch. Vergleiche sie mit der Nummer im Vertrag. Ein einziger falscher Buchstabe - und du kaufst das falsche Grundstück. Bei Eigentumswohnungen ist es noch komplizierter. Hier muss der Vertrag den genauen Anteil am Gemeinschaftseigentum nennen. Nicht "20%" oder "ca. ein Fünftel“. Sondern exakt: "18,75% der Anteile am gemeinsamen Grundstück und an den Gemeinschaftsflächen". Wenn das fehlt, ist der Vertrag unvollständig. Auch die genaue Baujahrangabe muss stimmen. Nicht "um 1990" oder "ca. 1985“. Sonst hast du später Probleme mit der Energieausweispflicht oder der Sanierungspflicht.

3. Der Kaufpreis - nicht nur die Zahl, sondern die Bedingungen

Der Kaufpreis steht da: 320.000 Euro. Aber woher weißt du, dass das alles ist? Der Vertrag muss genau sagen:

  • Wann wird der Betrag fällig? (Beispiel: "30% bei Notartermin, 70% bei Eintragung im Grundbuch")
  • Auf welches Konto wird überwiesen? (Bankname, IBAN, BIC - nicht nur "Konto des Verkäufers")
  • Gibt es Voraussetzungen? (Zum Beispiel: "Kaufpreis fällig, sobald die Finanzierungszusage vorliegt")
  • Wird der Kaufpreis inklusive oder exklusive Nebenkosten angegeben? (Das ist entscheidend!)

Ein typischer Fehler: Der Verkäufer sagt, der Preis sei "netto“. Aber im Vertrag steht nichts davon. Dann rechnest du später mit 320.000 Euro - und plötzlich kommen noch 20.000 Euro Grunderwerbsteuer und 6.000 Euro Notarkosten dazu. Das ist kein Fehler im Vertrag - das ist ein Trick. Und du zahlst es.

4. Was ist mit Belastungen, Hypotheken und Dienstbarkeiten?

Im Grundbuch steht nicht nur, wer Eigentümer ist. Da stehen auch alle Lasten: Hypotheken, Grundschulden, Nießbrauchrechte, Wegerechte, Leitungsrechte. Jede Belastung muss im Vertrag ausdrücklich aufgehoben werden. Sonst übernimmst du sie. Ein Fall aus Hamburg 2023: Eine Käuferin dachte, sie kauft ein Haus ohne Schulden. Im Grundbuch stand aber eine Grundschuld von 42.000 Euro - die der Verkäufer verschwiegen hatte. Ohne präzise Prüfung hätte sie das Geld zahlen müssen. Prüfe also: Steht im Vertrag: "Alle im Grundbuch eingetragenen Belastungen werden vor Eintragung gelöscht"? Wenn nein - dann ist der Vertrag gefährlich.

Immobilienanwältin erklärt einem Käufer die Grundbuchdaten an einem Bildschirm.

5. Wer zahlt was? Die Nebenkosten klären

Die Grunderwerbsteuer ist nicht im Kaufpreis enthalten. Sie liegt zwischen 3,5% (Bayern, Sachsen) und 6,5% (Brandenburg, Schleswig-Holstein). Sie zahlt der Käufer - und zwar direkt an das Finanzamt. Die Notarkosten liegen bei durchschnittlich 1,85% des Kaufpreises. Auch die Maklerprovision - wenn du einen Makler hattest - ist normalerweise vom Käufer zu tragen. Und sie liegt zwischen 1,5% und 3% plus 19% MwSt. Der Vertrag muss klar sagen: Wer zahlt was. Nicht "die Kosten werden geteilt“. Sondern: "Der Käufer trägt die Grunderwerbsteuer, die Notarkosten und die Maklerprovision. Der Verkäufer trägt die Kosten der Löschung der Grundschuld." Wenn das nicht steht, wirst du später überrascht.

6. Möbel, Vorhänge, Waschmaschine - was bleibt?

Der Verkäufer sagt: "Alles bleibt, was du willst." Aber im Vertrag steht nichts davon? Dann ist alles weg. Du kannst nicht behaupten, die Waschmaschine sei "dabei gewesen“. Im Vertrag muss jede Sache, die du behalten willst, explizit aufgelistet sein. Nicht "Einbauküche“ - sondern: "Einbauküche mit Herd, Spülmaschine und Dunstabzugshaube, Marke Bosch, Baujahr 2020“. Nicht "Vorhänge“ - sondern: "Raffstore im Wohnzimmer, Farbe weiß, Breite 2,40 m“. Sonst verklagst du nicht. Du verlierst.

7. Wann bekommst du die Schlüssel?

"Nach Bezahlung“ ist keine klare Angabe. Was ist, wenn die Bank den Betrag erst am Montag überweist? Werden die Schlüssel am Mittwoch oder erst am Freitag übergeben? Der Vertrag muss genau sagen: "Die Schlüsselübergabe erfolgt am [Datum] um [Uhrzeit] im Beisein des Notars oder des Maklers. Eine schriftliche Quittung wird ausgestellt.“ Ohne diese Angabe kannst du nicht planen. Du kannst nicht deinen Umzug buchen. Du kannst nicht deinen Vermieter informieren. Und der Verkäufer kann dich einfach hängen lassen - und sagen: "Ich habe doch gesagt, nach Bezahlung.“

8. Bei Eigentumswohnungen: Teilungserklärung und Wohngemeinschaft

Wenn du eine Wohnung kaufst, ist der Kaufvertrag nur die halbe Wahrheit. Du musst die Teilungserklärung und die Jahresabrechnung der Wohngemeinschaft prüfen. Die Teilungserklärung sagt: Welche Räume gehören dir? Wo ist der gemeinsame Keller? Wer zahlt für die Aufzugsreparatur? Die Jahresabrechnung zeigt: Wie viel musst du monatlich zahlen? Ist die Reserve für Dachsanierung aufgefüllt? Laut Immobilienverband IVD entstehen 31% aller Streitigkeiten nach dem Kauf von Wohnungen genau hier - weil Käufer diese Dokumente nicht gelesen haben. Prüfe: Ist die Heizkostenabrechnung von 2024 im Vertrag beigefügt? Ist die Sonderumlage für die Fassadensanierung bereits beschlossen? Wenn nein - dann bist du nach dem Kauf dafür verantwortlich.

Haus auf instabiler Grundlage mit verborgenen Risiken, geschützt durch eine Prüfungs-Schutzschild.

9. Was du unbedingt als Dokument brauchst

Bevor du zum Notar gehst, sammle diese Unterlagen:

  • Personalausweis oder Reisepass (für dich und deinen Partner, wenn ihr gemeinsam kauft)
  • Finanzierungszusage der Bank (nicht nur eine Voranfrage!)
  • Aktueller Grundbuchauszug (nicht älter als 3 Monate)
  • Energieausweis (Gültigkeit prüfen - ab 2025 müssen alle Verkäufer ihn vorlegen)
  • Teilungserklärung (bei Wohnungskäufen)
  • Letzte drei Jahresabrechnungen der Wohngemeinschaft (bei Wohnungskäufen)

Der Notar verlangt diese Unterlagen in 98% der Fälle. Wenn du sie nicht hast, verschiebt er den Termin - und du verlierst Zeit und Geld.

10. Die 14-Tage-Regel - deine letzte Chance

Der Notar gibt dir den Vertrag meist erst ein paar Tage vor dem Termin. Aber du hast ein Recht: 14 Tage vor dem Notartermin musst du den Vertrag erhalten haben. Das ist nicht eine Empfehlung - das ist ein rechtlicher Anspruch. Nutze diese Zeit. Drucke den Vertrag aus. Markiere alles, was du nicht verstehst. Rot für kritische Punkte, gelb für Fragen, grün für akzeptierte Passagen. Lass ihn von einem Fachanwalt prüfen. Eine Studie der Universität Leipzig aus 2023 zeigt: Käufer, die ihren Vertrag vorher prüfen ließen, hatten 27% weniger Probleme im ersten Jahr nach dem Kauf. Und das kostet nicht mehr als 300 Euro - ein kleiner Preis für 300.000 Euro Immobilie.

Was passiert, wenn du alles vergisst?

Ein Fall aus München: Ein Käufer unterschrieb den Vertrag ohne Prüfung. Er dachte, die Garage gehört dazu. Im Grundbuch stand: "Garage als Mietobjekt an Herrn Müller“. Der Verkäufer hatte sie 2021 an einen Nachbarn vermietet - und vergessen, das im Vertrag zu erwähnen. Der Käufer musste 8.500 Euro nachzahlen, um die Garage zu kaufen. Ein anderer Käufer in Berlin dachte, die Heizung ist in Ordnung. Im Vertrag stand: "Heizung wie vorhanden“. Kein Wartungsnachweis, kein Gutachten. Nach sechs Monaten fiel die Heizung aus - Reparaturkosten: 12.000 Euro. Kein Recht auf Rücktritt. Keine Haftung des Verkäufers. Nur weil er den Vertrag nicht geprüft hatte.

Was du jetzt tun solltest

1. Hole dir den Vertrag mindestens 14 Tage vor dem Notartermin.

2. Vergleiche jeden Punkt mit dem Grundbuchauszug.

3. Prüfe, ob alle Belastungen gelöscht werden.

4. Lass dir von einem Fachanwalt für Immobilienrecht die wichtigsten Punkte erklären - nicht dein Freund, der mal eine Wohnung verkauft hat.

5. Markiere alles, was dir nicht passt - und verhandle. Der Vertrag ist verhandelbar. Bis zum Notartermin.

6. Unterzeichne erst, wenn du alles verstanden hast - und alles steht, was du brauchst.

Ein Immobilienkauf ist kein Schnäppchen. Es ist ein langfristiger Vertrag - mit rechtlichen Konsequenzen, die bis zu 10 Jahre nach dem Kauf wirken können. Die Checkliste ist dein Schutzschild. Nutze sie. Du wirst es nicht bereuen.

Was passiert, wenn ich den Kaufvertrag ohne Prüfung unterschreibe?

Wenn du den Kaufvertrag ohne Prüfung unterschreibst, übernimmst du alle Risiken, die im Vertrag stehen - und auch alle, die nicht stehen. Das kann bedeuten, dass du eine Grundschuld übernimmst, die du nicht kanntest, oder dass du für eine nicht erwähnte Reparatur zahlen musst. In 42% der Fälle, in denen Käufer den Vertrag nicht prüfen ließen, entstanden nachträgliche Kosten - durchschnittlich 15.000 Euro. In Einzelfällen waren es über 40.000 Euro. Der Vertrag ist rechtskräftig, sobald er notariell beurkundet ist. Rücktritt ist fast unmöglich.

Kann ich den Kaufvertrag nach der Unterschrift noch ändern?

Nein. Sobald der Vertrag notariell beurkundet ist, ist er rechtskräftig. Änderungen sind nur möglich, wenn beide Parteien zustimmen - und das ist oft teuer und schwierig. Du kannst nicht einfach sagen: "Ich habe das nicht gewusst." Der Notar hat dich informiert - und du hast unterschrieben. Deshalb ist die Prüfung vor der Unterschrift so wichtig. Wenn du etwas vergessen hast, musst du es später selbst bezahlen.

Wer zahlt die Notarkosten - Käufer oder Verkäufer?

In Deutschland zahlt der Käufer die Notarkosten - das ist gesetzlich so geregelt. Sie liegen bei durchschnittlich 1,85% des Kaufpreises. Dazu kommen noch die Grunderwerbsteuer (3,5-6,5% je nach Bundesland) und gegebenenfalls die Maklerprovision. Der Verkäufer zahlt normalerweise nur die Kosten für die Löschung von Grundschulden. Das muss im Vertrag klar stehen - sonst entstehen Streitigkeiten.

Warum ist der Grundbuchauszug so wichtig?

Der Grundbuchauszug ist das offizielle Register, das zeigt, wer Eigentümer ist und welche Rechte oder Belastungen an der Immobilie bestehen. Ohne ihn weißt du nicht, ob der Verkäufer überhaupt das Recht hat, die Immobilie zu verkaufen. Du weißt auch nicht, ob eine Hypothek, ein Nießbrauch oder ein Wegerecht eingetragen ist. Der Vertrag kann alles sagen - aber nur der Grundbuchauszug ist rechtlich bindend. Wenn die Angaben nicht übereinstimmen, ist der Vertrag fehlerhaft.

Was ist eine Teilungserklärung und warum brauche ich sie bei einer Wohnung?

Die Teilungserklärung ist das Dokument, das festlegt, welche Räume deinem Eigentum gehören und welche Flächen gemeinsam genutzt werden. Sie definiert auch, welchen Anteil du am Gemeinschaftseigentum hast - zum Beispiel an Treppenhaus, Keller oder Dach. Ohne diese Erklärung weißt du nicht, wer für die Reparatur des Aufzugs zuständig ist oder wie viel du monatlich für die Hausgelder zahlen musst. Sie ist genauso wichtig wie der Kaufvertrag - und du musst sie vor der Unterschrift lesen.

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Felicitas Call

Felicitas Call

Ich bin Tischlerin in Graz und spezialisiere mich auf maßgefertigte Innenausbauten. Ich plane und fertige Möbel sowie Einbauten für Altbau- und Neubauprojekte. In meiner Freizeit schreibe ich Fachbeiträge zu Immobilientrends, Sanierung und nachhaltigen Materialien. Ich verbinde Handwerk, Design und Praxiswissen für Wohn- und Gewerbeobjekte.