Feuchte Flecken an der Fassade? Viele Hausbesitzer denken sofort an Schimmel oder undichte Wände. Doch in 78 % der Fälle ist es gar keine Durchfeuchtung - sondern Algen. Ein Irrtum, der schnell zu unnötigen Kosten von mehreren tausend Euro führt. Denn was wie ein schwerer Schadensfall aussieht, kann mit einem einfachen Reinigungsschritt behoben werden - wenn man weiß, worauf man achten muss.
Was ist eigentlich der Unterschied?
Algenbefall und echte Durchfeuchtung sehen sich ähnlich - aber sie entstehen völlig anders. Algen wachsen auf der Oberfläche. Sie brauchen Feuchtigkeit, aber keine durchdringende Feuchte im Mauerwerk. Sie lieben kühle, schattige Stellen, besonders an Nordwänden, und nutzen die feuchte Luft nach Regen oder Nebel. Die typische grüne bis schwarze Verfärbung verläuft oft in dünnen, senkrechten Linien - wie Wasser, das nach unten rinnt. Nach einigen Tagen Trockenheit verblassen diese Flecken deutlich, manchmal um bis zu 40 %. Das ist ein klarer Hinweis.
Durchfeuchtung hingegen kommt von innen. Sie entsteht, wenn Wasser durch Risse, fehlende Tropfkanten oder undichte Dichtungen ins Mauerwerk eindringt. Die Flecken sind meist braun, gleichmäßig und breiten sich horizontal aus. Sie bleiben auch bei längerer Trockenheit bestehen. Die Wand bleibt feucht - nicht nur an der Oberfläche, sondern bis zu 30 mm tief. Messen Sie mit einem Feuchtemesser: Werte über 3,0 Gewichtsprozent sprechen klar für Durchfeuchtung. Unter 1,5 % ist es fast immer Algen.
Warum treten Algen besonders bei gedämmten Fassaden auf?
Seit der Energieeinsparverordnung (EnEV) von 2009 sind Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) Standard. Sie halten die Wärme im Haus - aber sie kühlen auch die Außenwand ab. Nachts sinkt die Oberflächentemperatur um bis zu 8 °C unter die Lufttemperatur. Das führt zu Tauwasser. Und Tauwasser ist das perfekte Nährmedium für Algen. Studien zeigen: 65 % aller Algenprobleme treten an gedämmten Fassaden auf, nur 28 % an ungedämmten.
Dazu kommt die Putzschichtdicke. Viele moderne Systeme haben eine dünne Deckschicht von nur 2-3 mm. Diese ist anfälliger als die traditionellen 5-7 mm. Dünner Putz trocknet langsamer, speichert mehr Feuchtigkeit und bietet Algen eine ideale Angriffsfläche. Die neue DIN V 18550, die ab 2025 gilt, wird daher Mindestschichtdicken von 5 mm vorschreiben - genau um dieses Problem zu bekämpfen.
So erkennen Sie Algen - auch ohne Fachgeräte
Sie brauchen keine teure Thermokamera, um einen ersten Hinweis zu bekommen. Probieren Sie diese drei einfachen Tests aus:
- Trockenprobe: Beobachten Sie die Flecken über 14 Tage bei trockenem Wetter. Algen verblassen spürbar. Durchfeuchtung bleibt gleich.
- Wassertest: Sprühen Sie etwas Wasser auf die Stelle. Bei Algen perlt das Wasser ab - die Oberfläche ist schleimig. Bei Durchfeuchtung saugt die Wand das Wasser auf.
- Ort: Sind die Flecken nur an der Nordseite? Dann ist Algenbefall sehr wahrscheinlich. Durchfeuchtung tritt überall auf - auch an Südwänden, wenn die Abdichtung kaputt ist.
Ein weiterer Hinweis: Algen haben oft ein leichtes, fast öliges Aussehen. Schimmelpilze dagegen sind flockig oder filzig. Und Schimmel braucht eine relative Luftfeuchte von über 75 % - Algen schon ab 65 %. Wenn die Luftfeuchtigkeit im Haus normal ist, aber die Außenwand feucht aussieht, liegt es fast immer an Algen.
Was passiert, wenn man es falsch behandelt?
Falsch zu handeln ist teuer - und oft schädlich. Wenn Sie bei Algenbefall eine komplette Fassadensanierung mit Neudämmung und neuen Putzen vornehmen, verschwenden Sie Geld - und riskieren, dass die neuen Putze nach einigen Jahren wieder von Algen befallen werden. Denn die Ursache bleibt: kühle Oberflächen, zu dünner Putz, schlechte Belüftung.
Umgekehrt: Wenn Sie bei echter Durchfeuchtung nur eine chemische Reinigung durchführen, bleibt das Problem bestehen. Das Wasser dringt weiter ein, das Mauerwerk wird immer feuchter, der Putz bröckelt, und irgendwann wächst Schimmel auch im Inneren. Dann ist der Schaden viel größer - und die Reparatur viel teurer.
Studien zeigen: 68 % der Sanierungsmaßnahmen sind unnötig, weil die Diagnose falsch war. Ein Fall aus Saarbrücken: Ein Hausbesitzer ließ nach einem vermeintlichen Durchfeuchtungsschaden 14.500 Euro in eine neue Dämmung investieren - drei Monate später stellte sich heraus: Es war nur Rotalgen. Die Algenart Protococcus, auch Veilchenalge genannt, verursacht 72 % aller sichtbaren Befälle.
Wie wird Algenbefall richtig behandelt?
Algenbefall lässt sich mit einfachen, umweltfreundlichen Mitteln bekämpfen - ohne Chemiekeulen.
- Reinigung: Mit Druckluft bis 3 bar oder sanftem Hochdruckreiniger (nicht höher als 80 bar) wird der Belag entfernt. Zu starker Druck schädigt den Putz.
- Bekämpfung: Danach wird eine Lösung mit Kaliumsorbinsäure (2-3 %) aufgetragen. Das hemmt das Wachstum biologisch - und ist nicht giftig. Biozide wie Kupfersulfat sind heute stark reguliert und oft verboten.
- Langfristig: Nutzen Sie algenresistente Putze mit Nanopor-Technologie. Diese haben seit 2021 einen Marktanteil von 63 % bei neuen WDVS. Sie lassen Wasser abperlen und verhindern die Bildung von Tauwasser.
Warten Sie mindestens vier Wochen nach der Behandlung, bevor Sie streichen oder nachbessern. So können Sie sicher sein, dass die Algen nicht zurückkehren.
Wann ist echte Durchfeuchtung die Ursache?
Wenn die Flecken nicht verblassen, wenn die Feuchtemessung über 3 % zeigt, wenn das Wasser in die Wand läuft - dann ist es Durchfeuchtung. Die Ursachen sind oft baulich:
- Fehlende oder beschädigte Tropfkanten an Fensterbänken oder Dachüberständen
- Undichte Fensteranschlüsse oder Risse in der Fassade
- Keine oder defekte Horizontalsperre im Mauerwerk
- Hoher Grundwasserstand oder fehlende Drainage
Die Lösung ist konstruktiv: Tropfkanten nachrüsten, Fugen dichten, Horizontalsperren einbauen, Abdichtungen erneuern. Das ist aufwendiger - aber nötig. Eine Sanierung dauert mindestens sechs Monate, damit das Mauerwerk vollständig trocknet. In dieser Zeit sollten Sie die Feuchtigkeit regelmäßig messen - mit einem CM-Messgerät, das bis zu 30 mm tief misst.
Was kommt in Zukunft?
Die Technik entwickelt sich schnell. Photokatalytische Beschichtungen, die Algen bei Licht abbauen, sind bereits in Süddeutschland im Einsatz - mit bis zu 82 % weniger Befall nach einem Jahr. Die EU fördert mit 4,2 Millionen Euro Projekte für selbstreinigende Fassaden. Die App „FassadenCheck“ von BauNetzWissen erkennt anhand von Smartphone-Bildern mit 78 % Genauigkeit, ob es Algen oder Durchfeuchtung ist.
Aber die beste Lösung bleibt die Planung. Die neue EnEV 2025 wird Dachüberstände von mindestens 40 cm vorschreiben - damit die Wand nicht dauerhaft im Schatten bleibt. Auch Putzschichten müssen ab 2025 mindestens 5 mm dick sein. Wer neu baut oder saniert, sollte das jetzt schon berücksichtigen.
Und: Biozidfreie Lösungen mit natürlichen Enzymen gewinnen an Bedeutung. Ihr Marktanteil stieg von 5 % im Jahr 2022 auf 23 % im ersten Halbjahr 2024. Das ist ein Zeichen: Die Baubranche lernt, dass chemische Keulen nicht die Antwort sind - sondern kluge, nachhaltige Konzepte.
Was tun, wenn Sie unsicher sind?
Wenn Sie nicht sicher sind, was vorliegt: Lassen Sie es prüfen. Eine professionelle Diagnose kostet im Durchschnitt 285 Euro - und spart Ihnen im Schnitt 3.200 Euro unnötige Kosten. Viele Handwerker haben diese Kompetenz nicht. Laut IHK-Berlin wurden 78 % der Meister in ihrer Ausbildung nicht ausreichend auf diese Thematik vorbereitet.
Suchen Sie einen Fachmann, der mit Thermokamera und Feuchtemesser arbeitet - und eine mikroskopische Probe entnimmt. Nur so ist die Diagnose sicher. Eine Klebeband-Probe auf die Wand drücken, unter dem Mikroskop anschauen: Das ist die Methode mit 92 % Treffsicherheit.
Es ist kein Luxus - es ist eine Investition. Ein falscher Schritt kostet mehr als zehnmal so viel wie eine korrekte Diagnose.