Was ist ein Schimmelgutachten und warum braucht man es?
Ein Schimmelgutachten ist keine einfache Aufzählung von schwarzen Flecken an der Wand. Es ist eine detaillierte, fachlich fundierte Untersuchung, die klarmacht, warum Schimmel entstanden ist. Ist es ein baulicher Fehler - wie eine undichte Dachrinne, fehlende Wärmedämmung oder eine kaputte Dampfsperre? Oder liegt es am Nutzerverhalten - zu wenig lüften, Wäsche im Schlafzimmer trocknen, Duschen ohne Abzug? Die Antwort darauf bestimmt, wer die Kosten trägt: Mieter oder Vermieter.
Im Alltag wird ein Schimmelgutachten vor allem dann nötig, wenn es Streit gibt. Ein Mieter möchte die Miete mindern, weil die Wand schimmelt. Der Vermieter behauptet, der Mieter lüfte nicht richtig. Wer hat recht? Ohne ein professionelles Gutachten bleibt das ein Wortgefecht. Ein Gutachten liefert objektive Beweise - Messwerte, Fotos, Laboranalysen. Es ist die einzige Grundlage, die vor Gericht oder bei der Versicherung zählt.
Wie viel kostet ein Schimmelgutachten?
Die Preise schwanken stark - von 150 Euro bis über 1.000 Euro. Aber wer 200 Euro für ein Schimmelgutachten zahlt, kauft meistens nur einen Schein. Seriöse Gutachter verlangen mindestens 300 Euro, oft deutlich mehr. Warum? Weil ein echtes Gutachten Zeit braucht.
Ein Kurzgutachten für private Zwecke kostet zwischen 200 und 500 Euro. Es beschreibt den Befund und gibt eine grobe Empfehlung. Aber wenn es um Mietstreit oder Versicherung geht, reicht das nicht. Dann braucht man ein Vollgutachten - und das kostet 500 bis 1.000 Euro. Bei gerichtlichen Verfahren liegt der Preis oft bei 1.000 Euro und mehr, weil der Bericht detailliert, nachvollziehbar und gerichtsfest sein muss.
Einige Anbieter rechnen mit 0,5 Prozent des Immobilienwertes. Bei einer Wohnung im Wert von 200.000 Euro sind das 1.000 Euro. Das klingt viel, aber wenn du vor Gericht ziehst, ist das Geld gut angelegt. Denn ein falsches Gutachten - billig und oberflächlich - kann dich teurer stehen als ein teures, richtiges.
Warnung: Anbieter, die Schimmelgutachten ab 150 Euro anbieten, sind oft kein Gutachter, sondern ein Verkäufer. Sie messen schnell, sehen Schimmel, und dann schlagen sie dir eine teure Sanierung vor - mit ihrer eigenen Antischimmel-Farbe, ihrem Lüftungsgerät, ihrer Dämmung. Sie verdienen nicht am Gutachten, sondern am Auftrag. Ein echter Sachverständiger hat kein Interesse daran, dass du sanierst. Er will nur die Wahrheit finden.
Wie läuft ein Schimmelgutachten ab?
Ein professionelles Schimmelgutachten folgt einem klaren Ablauf. Es beginnt mit einer Ortsbegehung. Der Gutachter kommt vor Ort, schaut sich die betroffenen Stellen genau an - nicht nur die sichtbaren Flecken, sondern auch die Umgebung. Er fragt nach dem Lüftungsverhalten, ob es schon mal Wasserschäden gab, ob die Heizung regelmäßig läuft.
Dann kommen die Messgeräte. Mit kapazitiven Feuchtigkeitsmessern prüft er den Feuchtigkeitsgehalt der Wand. Mit Thermografie-Kameras sieht er Wärmebrücken - Stellen, wo die Wärme entweicht und Kondenswasser entsteht. Das ist oft der wahre Grund für Schimmel, nicht das Lüften.
Und dann: Luftproben. Ein seriöser Gutachter nimmt Luftproben, um die Schimmelpilzarten zu identifizieren. Nicht alle Schimmelpilze sind gleich gefährlich. Einige sind harmlos, andere können gesundheitliche Probleme verursachen. Die Art des Pilzes hilft auch dabei, die Ursache zu finden. Ein bestimmter Pilz wächst nur bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit - das deutet auf eine bauliche Ursache hin.
Am Ende kommt der Bericht. Nicht nur: „Da ist Schimmel.“ Sondern: „Schimmel an der Nordwand, 1,2 Meter über Boden. Ursache: Wärmebrücke durch ungedämmte Betonplatte. Luftfeuchtigkeit im Raum durch mangelnde Lüftung verstärkt. Sanierung: Dämmung der Außenwand, Installation eines Lüftungssystems.“ Klare, handlungsorientierte Aussagen. Keine Phrasen. Kein Geschwafel.
Wer trägt die Kosten - Mieter oder Vermieter?
In Deutschland gilt eine klare Regel: Der Vermieter muss beweisen, dass der Schimmel nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen ist. Das ist die Beweislast. Der Mieter muss nicht nachweisen, dass er nichts falsch gemacht hat. Der Vermieter muss beweisen, dass er alles richtig gemacht hat - und der Mieter den Schimmel verursacht hat.
Wenn der Vermieter den Schimmel verursacht hat - etwa durch mangelnde Dämmung oder undichte Fenster - trägt er die Kosten. Das gilt auch für das Gutachten. Wenn der Mieter den Schimmel durch falsches Lüften verursacht hat, muss er das Gutachten bezahlen. Aber nur, wenn der Vermieter das nachweisen kann. Und dafür braucht er ein richtiges Gutachten.
Ein Kurzgutachten oder eine mündliche Stellungnahme reicht vor Gericht nicht. Nur ein Vollgutachten mit detaillierten Messwerten, Fotos und Laboranalysen gilt als Beweis. Deshalb ist es oft sinnvoll, dass der Mieter das Gutachten selbst in Auftrag gibt - und den Vermieter auffordert, es zu bezahlen, wenn er den Schimmel verursacht hat. So hat er einen klaren Anspruch.
Ein guter Tipp: Setze dem Vermieter eine Frist - etwa einen Monat - um den Schimmel von einem unabhängigen Gutachter prüfen zu lassen. Schreibe das per E-Mail oder Einschreiben. Wenn er nicht reagiert, kannst du das Gutachten selbst in Auftrag geben und die Kosten später von ihm verlangen, wenn er schuldig ist.
Wie findest du einen seriösen Schimmelgutachter?
Es gibt Hunderte von Anbietern. Die meisten sind seriös. Aber einige sind reine Verkäufer. Wie erkennst du den Unterschied?
- Frage nach den Gesamtkosten vor der Begehung. Ein seriöser Gutachter nennt dir einen Preisrahmen, bevor er kommt. Wer erst vor Ort ein Angebot macht, der will dich verunsichern.
- Prüfe die Zertifizierung. Suche nach Sachverständigen, die von anerkannten Verbänden zertifiziert sind - wie der Deutschen Gesellschaft für Schadensbegutachtung oder der DEKRA.
- Vermeide Anbieter, die Sanierungen verkaufen. Wenn der Gutachter dir gleich danach eine Dämmung oder ein Lüftungsgerät anbietet, läuft etwas falsch. Ein Gutachter analysiert. Er verkauft nicht.
- Frage nach den Messmethoden. Ein guter Gutachter spricht von Feuchtigkeitsmessungen, Thermografie und Luftproben. Wer nur „schaut“ und „fühlt“, ist kein Fachmann.
- Verlange einen schriftlichen Bericht. Ein Gutachten ist kein Gespräch. Es ist ein Dokument. Wenn er dir nur ein paar Fotos schickt, ist das kein Gutachten.
Ein guter Gutachter bietet oft einen kostenlosen Ersttermin an. Da schaut er sich kurz um, sagt, ob es einen Schimmelbefall gibt und ob ein vollständiges Gutachten nötig ist. Das ist fair. Und es schützt dich vor unnötigen Kosten.
Was ist der aktuelle Trend im Schimmelgutachterwesen?
Die Branche verändert sich. Vor zehn Jahren war ein Schimmelgutachten oft ein schneller Job - schnell hingeguckt, schnell abgerechnet. Heute ist es komplexer. Denn viele Schimmelprobleme entstehen durch energetische Sanierungen. Wer die Fassade dämmt, aber die Lüftung vergisst, schafft eine perfekte Umgebung für Schimmel. Deshalb integrieren immer mehr Gutachter Energieberatung in ihre Arbeit.
Auch die Nachfrage nach Beweissicherung steigt. Mietrechtsstreitigkeiten wegen Schimmel nehmen zu. Das führt dazu, dass Gutachten immer detaillierter werden. Es geht nicht mehr nur um die Wand. Es geht um die gesamte Gebäudetechnik: Heizung, Lüftung, Dämmung, Fenster, Bauphysik.
Und es gibt eine dunkle Seite: Die Kommerzialisierung. Einige Anbieter übertreiben den Schimmel, um Sanierungen zu verkaufen. Sie sagen: „Das ist giftiger Schimmel!“ - obwohl es nur ein harmloser Schimmelpilz ist. Sie nutzen Angst. Das ist unseriös. Und es schadet der ganzen Branche.
Die Lösung? Mehr Transparenz. Mehr Regulierung. Mehr Zertifizierung. Die Branche braucht klare Standards, damit Mieter und Vermieter wissen, was sie bekommen. Bis dahin: Vertraue nicht auf den billigsten Anbieter. Vertraue auf den, der Fragen stellt, Messungen macht und keine Produkte verkauft.