Stell dir vor, du unterschreibst einen Mietvertrag und weißt genau, wie viel du in den nächsten Jahren für deine Wohnung zahlen wirst. Keine Überraschungen, keine unsicheren Erhöhungen. Das ist die Staffelmiete. Aber was, wenn die Inflation plötzlich auf 8 Prozent schießt und deine Miete trotzdem nur um 20 Euro steigt? Dann wäre die Indexmiete besser gewesen - sie passt sich automatisch an, wenn die Lebenshaltungskosten steigen. Beide Modelle sind im deutschen Mietrecht erlaubt, aber sie funktionieren völlig anders. Und wer sie nicht versteht, läuft Gefahr, zu viel zu zahlen - oder zu wenig zu verdienen.
Was ist eine Staffelmiete?
Bei der Staffelmiete wird im Mietvertrag festgelegt, zu welchen Daten die Miete um einen exakten Eurobetrag steigt. Keine Prozentangaben. Keine Unsicherheiten. Nur klare Zahlen. Zum Beispiel: 580 Euro im ersten Jahr, 600 Euro am 1. Januar 2025, 620 Euro am 1. Januar 2026. Das ist alles. Keine weiteren Erhöhungen nötig. Der Vermieter muss nichts mehr rechnen, der Mieter weiß genau, was kommt.
Diese Regelung ist im §557a BGB geregelt. Wichtig: Zwischen zwei Erhöhungen müssen mindestens zwölf Monate liegen. Und die Erhöhung tritt automatisch ein - kein Schreiben, keine Ankündigung nötig. Das ist praktisch für Vermieter, aber auch für Mieter, die ihre Ausgaben planen wollen. Keine unerwarteten Posten auf der Rechnung. Keine Angst vor plötzlichen Sprüngen.
Aber es gibt einen Haken: Die Beträge sind fest. Wenn die Inflation steigt, bleibt die Miete hinterher. Im Jahr 2022, als die Inflation in Deutschland über 8 Prozent lag, hätten Mieter mit Staffelmiete deutlich weniger gezahlt als nötig gewesen wäre. Der Vermieter hat dann nicht mit der Inflation mitgezogen - er hat verloren. Umgekehrt: In Zeiten niedriger Inflation, etwa 2018 bis 2020, als die Preise kaum stiegen, war die Staffelmiete für Mieter eine echte Entlastung.
Wie funktioniert die Indexmiete?
Die Indexmiete hingegen richtet sich nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) des Statistischen Bundesamtes. Das ist der offizielle Maßstab, der zeigt, wie sich die Lebenshaltungskosten in Deutschland entwickeln. Wenn der VPI steigt, steigt auch die Miete. Wenn er fällt - ja, das ist möglich - dann sinkt die Miete auch. Aber: Der Mieter muss das aktiv einfordern. Niemand macht das von allein.
Die Erhöhung darf nur einmal pro Jahr erfolgen und muss schriftlich mit drei Monaten Vorlauf angekündigt werden. Die Berechnung ist komplizierter als bei der Staffelmiete. Man muss den VPI vom Vergleichsmonat nehmen, den aktuellen VPI abfragen und dann den Faktor berechnen. Ein Fehler hier - und der Mieter kann die Erhöhung anfechten. Viele Vermieter scheitern deshalb an der Bürokratie.
Der große Vorteil: Die Indexmiete schützt den Vermieter vor Wertverlust. Wenn die Inflation hoch ist, passt sich die Miete an. Im Jahr 2022, als die Inflation über 8 Prozent lag, hätte ein Vermieter mit Indexmiete seine Miete um fast 8 Prozent erhöhen können - ohne dass er etwas tun musste, außer den VPI abzurufen.
Ein Nachteil: Mieter zahlen doppelt. Sie bezahlen höhere Nebenkosten, weil Energie, Wasser und Heizung teurer werden - und zusätzlich steigt die Miete über den Index. Das führt oft zu Unmut. Und: Es gibt keine Kappungsgrenze. Normalerweise darf die Miete in drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent steigen (15 Prozent in angespannten Lagen). Bei Indexmiete gilt das nicht. Theoretisch könnte die Miete in einem Jahr um 10, 15 oder mehr Prozent steigen - wenn der VPI das hergibt.
Was ist mit Modernisierungen?
Hier gibt es eine große Unsicherheit in der Praxis. Einige Anwälte und Vermieterverbände sagen: Bei Staffel- oder Indexmiete sind Modernisierungsumlagen nicht mehr erlaubt. Andere - wie Team Nord Immo - behaupten das Gegenteil: Bei Indexmiete seien sie erlaubt. Warum? Weil die Indexmiete nur die allgemeine Inflation abbildet, nicht die Kosten für Sanierungen.
Die Wahrheit liegt in der Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Modernisierungsumlagen unabhängig von Staffel- oder Indexmiete möglich sind, solange sie gesetzlich zulässig sind. Das bedeutet: Wenn du eine neue Heizung einbaust, kannst du die Kosten umlegen - auch wenn du eine Indexmiete hast. Aber: Du darfst nicht doppelt kassieren. Wenn die Indexmiete bereits aufgrund der Inflation gestiegen ist, kannst du nicht noch mal extra für Heizkosten abkassieren. Das wäre unzulässig.
Die klare Regel: Modernisierungsumlagen sind immer separat. Sie haben nichts mit der Staffel- oder Indexmiete zu tun. Aber sie müssen ordnungsgemäß berechnet und angekündigt werden. Und sie dürfen nicht die Mietpreisbremse überschreiten.
Die Mietpreisbremse - ein versteckter Grenzstein
Beide Modelle - Staffel und Index - dürfen nicht dazu benutzt werden, die Mietpreisbremse zu umgehen. Das ist ein häufiger Fehler. Die Mietpreisbremse gilt beim Vertragsabschluss. Sie sagt: Die neue Miete darf nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das ist der Ausgangspunkt. Danach kannst du mit Staffel- oder Indexmiete erhöhen - aber du darfst nicht mit einer überhöhten Ausgangsmiete starten.
Wenn du eine Wohnung 2024 neu vermietest und die ortsübliche Miete 600 Euro beträgt, darfst du maximal 660 Euro verlangen. Wenn du dann eine Staffelmiete vereinbarst, die ab 2025 auf 700 Euro steigt, ist das legal - solange du bei Vertragsbeginn nicht über 660 Euro gefragt hast. Verstößt du dagegen, gilt die Miete als unzulässig. Der Mieter kann die Differenz zurückfordern. Und das kann teuer werden.
Ab 50 Prozent Überhöhung ist es sogar Mietwucher - strafbar. Das ist kein kleiner Fehler. Das ist ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch. Viele Vermieter unterschätzen das. Sie denken: „Ich mache ja nur eine Staffelmiete.“ Aber nein: Die Mietpreisbremse ist die Grundlage. Alles andere baut darauf auf.
Staffelmiete oder Indexmiete - was ist besser?
Es gibt keine allgemeine Antwort. Es hängt von deiner Situation ab.
Wähle die Staffelmiete, wenn:
- Du als Mieter Planungssicherheit brauchst - z. B. weil du dein Einkommen nicht erhöhen kannst oder eine feste Budgetierung brauchst.
- Du als Vermieter in einer stabilen Region wohnst, wo die Inflation niedrig bleibt.
- Du keine Lust hast, jedes Jahr den VPI zu checken und Schreiben zu schreiben.
- Du eine neue Wohnung vermietest und die Mietpreisbremse nicht überschreiten willst.
Wähle die Indexmiete, wenn:
- Du als Vermieter Angst hast, durch Inflation Geld zu verlieren - besonders in Zeiten hoher Teuerung wie 2022 oder 2023.
- Du eine Wohnung in einer Stadt mit steigenden Lebenshaltungskosten vermietest - etwa Wien, Graz oder München.
- Du bereit bist, administrative Arbeit zu leisten und dich mit dem VPI zu beschäftigen.
- Du möchtest, dass die Miete auch sinkt, wenn die Inflation fällt - was selten, aber möglich ist.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Vermieter in Graz vermietet eine Wohnung im Jahr 2024 mit Staffelmiete: 650 Euro, dann 670 Euro 2025, 690 Euro 2026. In 2023 lag die Inflation bei 4,0 Prozent. In 2024 wäre die Indexmiete um 4 Prozent gestiegen - also auf 676 Euro. Der Mieter mit Staffelmiete hat also weniger gezahlt. Der Vermieter hat verloren.
Im Jahr 2022, mit 8,1 Prozent Inflation, wäre die Indexmiete auf 702 Euro gestiegen. Der Mieter mit Staffelmiete hat nur 670 Euro gezahlt. Der Vermieter hat wieder verloren.
Das ist das Risiko der Staffelmiete: Sie ist stabil - aber nicht inflationsgeschützt.
Kann man beide Modelle kombinieren?
Ja. Und das wird immer häufiger gemacht. Die Kombination ist rechtlich zulässig. Du vereinbarst eine Staffelmiete für die ersten drei Jahre - zum Beispiel 600, 620, 640 Euro. Danach springt die Indexmiete ein. So hast du die Planungssicherheit der Staffelmiete - und den Inflationsschutz der Indexmiete.
Diese Lösung ist besonders sinnvoll für Vermieter, die neue Wohnungen vermieten und nicht wissen, wie sich die Inflation in fünf Jahren entwickelt. Sie schützen sich vor kurzfristigen Schwankungen und langfristig vor Wertverlust.
Ein weiterer Vorteil: Die Kombination macht es für Mieter attraktiver. Sie wissen: Die ersten Jahre sind stabil. Danach folgt eine faire Anpassung. Das reduziert den Widerstand gegen die Indexmiete.
Was passiert bei Mieterwechsel?
Wenn ein Mieter auszieht und ein neuer einzieht, wird der Mietvertrag neu abgeschlossen. Dann gilt wieder die Mietpreisbremse. Die Staffelmiete oder Indexmiete aus dem alten Vertrag verliert ihre Gültigkeit. Der neue Mieter zahlt die ortsübliche Miete - und dann kann der Vermieter wieder eine Staffel- oder Indexmiete vereinbaren.
Das ist wichtig: Du kannst nicht einfach die alte Staffelmiete auf den neuen Mieter übertragen. Das wäre rechtswidrig. Jeder neue Vertrag ist ein neuer Vertrag. Und er muss die aktuelle ortsübliche Miete einhalten.
Was du als Mieter beachten solltest
- Prüfe immer den VPI, wenn du eine Indexmiete hast. Der Vermieter muss ihn korrekt berechnen. Frag nach der Rechnung.
- Wenn die Miete sinkt - weil der VPI gefallen ist - melde das aktiv an. Niemand macht das für dich.
- Verstehe die Kappungsgrenze nicht als Schutz bei Indexmiete - sie gilt nicht.
- Prüfe, ob die Ausgangsmiete bei Vertragsbeginn die Mietpreisbremse eingehalten hat. Sonst kannst du die Differenz zurückfordern.
- Bei Staffelmiete: Achte auf die genauen Beträge und Termine. Keine Prozentangaben dürfen im Vertrag stehen.
Was du als Vermieter beachten solltest
- Staffelmiete: Nur exakte Eurobeträge - keine Prozentangaben. Sonst ist der Vertrag teilweise ungültig.
- Indexmiete: Nutze den offiziellen VPI vom Statistischen Bundesamt. Nicht irgendeine Quelle.
- Indexmiete: Schreibe immer schriftlich mit drei Monaten Vorlauf. Keine mündlichen Mitteilungen.
- Modernisierungen: Du kannst sie umlegen - aber nicht doppelt. Nicht über die Indexmiete, nicht über die Staffelmiete.
- Stelle sicher: Die Ausgangsmiete liegt unter der Mietpreisbremse. Sonst riskierst du Klagen und Rückzahlungen.
Fazit: Kein Modell ist perfekt - aber eines passt zu dir
Staffelmiete ist wie eine feste Rente - sicher, klar, aber nicht an die Realität angepasst. Indexmiete ist wie eine Aktie - sie schwankt, sie kann verlieren oder gewinnen, aber sie hält den Wert langfristig.
Wenn du als Mieter finanziell eng bist - wähle die Staffelmiete. Wenn du als Vermieter in einer teuren Stadt wohnst und Angst vor Inflation hast - wähle die Indexmiete. Und wenn du unsicher bist - kombiniere beide. Das ist die klügste Lösung für die Zukunft.
Beide Modelle sind legal. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Aber nur wer sie versteht, kann sie richtig nutzen - und nicht zum Opfer werden.
Kann ich bei einer Staffelmiete die Miete nachträglich erhöhen?
Nein. Bei einer Staffelmiete sind alle Erhöhungen im Vertrag festgelegt. Du kannst keine zusätzliche Erhöhung verlangen - weder durch Schreiben noch durch eine andere Vereinbarung. Die einzige Ausnahme ist eine Modernisierungsumlage, die gesetzlich zulässig ist. Aber auch diese muss separat berechnet und angekündigt werden. Eine Nachverhandlung der Staffel ist rechtlich nicht möglich.
Wann darf ich eine Indexmiete anheben?
Du darfst die Indexmiete nur einmal pro Jahr erhöhen - und nur, wenn der Verbraucherpreisindex (VPI) im Vergleich zum letzten Erhöhungsmonat um mindestens 3 Prozentpunkte gestiegen ist. Du musst die Erhöhung schriftlich mit drei Monaten Vorlauf ankündigen. Die Berechnung muss auf dem offiziellen VPI des Statistischen Bundesamtes beruhen. Keine privaten Indexe oder Schätzungen.
Kann die Indexmiete sinken?
Ja, das ist möglich. Wenn der Verbraucherpreisindex fällt - zum Beispiel nach einer Phase niedriger Inflation - muss die Miete entsprechend sinken. Aber der Mieter muss das aktiv verlangen. Der Vermieter hat keine Pflicht, das selbst zu prüfen. Viele Mieter wissen das nicht und zahlen zu viel. Wenn du eine Indexmiete hast, prüfe jedes Jahr den VPI und fordere eine Senkung, wenn nötig.
Gilt die Kappungsgrenze bei Indexmiete?
Nein. Die Kappungsgrenze von 20 Prozent innerhalb von drei Jahren gilt nur für normale Mieterhöhungen. Bei Indexmiete ist das nicht der Fall. Die Miete kann in einem Jahr um 10, 15 oder mehr Prozent steigen - wenn der VPI das hergibt. Das ist ein Risiko für Mieter, aber ein Schutz für Vermieter in Zeiten hoher Inflation.
Darf ich nach einer Staffelmiete eine Indexmiete einführen?
Ja, das ist erlaubt und wird immer häufiger praktiziert. Du kannst im Mietvertrag vereinbaren, dass nach Ablauf der Staffelmiete (z. B. nach drei Jahren) die Indexmiete greift. Das bietet Planungssicherheit für die ersten Jahre und Inflationsschutz danach. Beide Modelle schließen sich nicht aus - sie können nacheinander angewendet werden.
Was passiert, wenn ich die Indexmiete falsch berechne?
Wenn du die Indexmiete falsch berechnest - z. B. mit einem falschen VPI oder ohne die korrekte Frist - kann der Mieter die Erhöhung anfechten. Dann musst du die zu viel gezahlte Miete zurückerstatten. In manchen Fällen kann das zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten führen. Deshalb: Nutze nur offizielle Quellen und halte dich an die gesetzlichen Vorgaben. Wenn du unsicher bist, lass dich von einem Fachanwalt beraten.