Welche Haustypen haben welche Renovierungsbedarfe? Der praktische Überblick für 2025

Wenn du dein Haus renovierst, ist es kein guter Plan, einfach loszulegen und zu hoffen, dass alles gutgeht. Jeder Haustyp hat seine eigenen Schwächen, seine eigenen Kosten und seine eigenen Überraschungen. Ein Haus aus den 1920er-Jahren verhält sich völlig anders als ein Fertighaus aus dem Jahr 2000. Wer das nicht weiß, läuft Gefahr, viel Geld zu verschwenden - oder noch schlimmer: nach der Sanierung mit Schimmel, kalten Räumen oder undichten Fenstern zu leben.

Altbauten vor 1949: Der größte Sanierungsstau

Altbauten, besonders solche aus der Zeit vor 1949, sind wie alte Menschen: Sie haben viel Lebenserfahrung, aber auch viele Beschwerden. Laut dem Deutschen Mieterbund zeigen 92 % dieser Häuser erhebliche Probleme mit der Elektroinstallation, 87 % mit der Heizung und 76 % mit der Dachkonstruktion. Die meisten haben noch Bleileitungen, Kupferrohre ohne Isolierung oder alte Kachelöfen, die heute nicht mehr genehmigt werden.

Die energetische Bilanz ist erschreckend: Unsanierter Altbau verbraucht durchschnittlich 285 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Ein modernes, saniertes Haus schafft unter 75 kWh/m²a. Das ist fast ein Vierfaches an Energie. Die Kosten für eine vollständige Sanierung liegen zwischen 380 und 450 Euro pro Quadratmeter - das ist teuer, aber notwendig. Die größte Überraschung? Oft sind die Wände nicht gerade, die Decken schief und die Fundamente brüchig. Das wird erst sichtbar, wenn man anfängt, die alten Putzschichten abzutragen.

Ein Nutzer auf Reddit beschreibt es so: „Wir dachten, wir hätten ein charmantes Gründerzeit-Haus. Nach der Sanierung hatten wir immer noch Schimmel - weil die Firma die historische Dampfdiffusion nicht verstanden hat. Nachbesserung: 9.200 Euro extra.“ Das ist typisch. Altbauten brauchen Fachleute, die wissen, wie man mit Kalkputz, Holzbalken und ohne Dämmung arbeitet. Moderne Wärmedämmverbundsysteme sind oft die falsche Lösung. Stattdessen braucht es innenliegende Dämmung oder luftdichte Folien, die den Feuchtetransport nicht blockieren.

Massivhäuser aus den 1970er- und 1980er-Jahren: Der Klassiker mit verborgenen Schwächen

Massivhäuser aus den 70er- und 80er-Jahren sind die meistgesuchten Immobilien - und auch die meistgesanften. Sie sind stabil, haben dicke Wände und eine solide Bauweise. Aber sie wurden in einer Zeit gebaut, als Energiekosten noch niedrig waren. Die Fenster sind einfach verglast, die Wände sind ungedämmt, und die Heizungsrohre laufen durch den Keller wie ein Labyrinth.

Der Renovierungsbedarf ist hoch, aber vorhersehbar. Typisch sind: Austausch der Heizung, Dämmung der Fassade (120-180 Euro/m²), Austausch der Elektroinstallation und Sanierung der Fenster. Die durchschnittlichen Kosten liegen bei 320-380 Euro pro Quadratmeter. Im Vergleich zum Altbau ist das günstiger - aber nicht billig.

Ein Hausbesitzer aus Graz berichtet: „Nach 45 Jahren musste ich die komplette Elektroinstallation erneuern. 18.500 Euro für 140 m². Kein Schnäppchen, aber nötig.“ Die gute Nachricht: Die Substanz hält. Du kannst fast alles austauschen, ohne das Haus zu gefährden. Die schlechte Nachricht: Du musst es tun. Die meisten dieser Häuser sind heute noch mit einer Heizung aus den 80ern betrieben - und die läuft oft mit Öl oder Gas, das bald verboten sein könnte. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) verlangt ab 2026 den Austausch von Ölheizungen in Häusern, die vor 1990 gebaut wurden. Wer jetzt nicht sanieren will, zahlt später mehr.

Holzhäuser: Schnell zu sanieren - aber anfällig für Feuchtigkeit

Holzhäuser sind oft überschätzt. Viele glauben, sie seien „natürlich“ und daher wartungsarm. Falsch. Holz braucht Luft, Trockenheit und regelmäßige Pflege. Laut dem Deutschen Holzschutzverband müssen Holzhäuser alle 15-20 Jahre auf Schäden durch Feuchtigkeit, Pilze oder Insekten untersucht werden. Das ist kein einmaliger Job - das ist ein lebenslanger Vertrag mit deinem Haus.

Die Sanierungskosten liegen bei 290-350 Euro pro Quadratmeter. Das ist günstiger als bei Altbauten. Und die Arbeiten gehen schneller: Ein ganzes Haus kann in drei Wochen saniert werden, wenn alles vorbereitet ist. Der Trick? Keine Außen-Dämmung wie bei Steinhäusern. Stattdessen wird innen gedämmt - mit Holzfaserdämmplatten oder Leichtlehm. Das bewahrt die äußere Holzfassade und lässt das Haus atmen.

Ein Bericht auf holzbaublog.de beschreibt: „Unser Holzhaus aus den 90ern wurde in drei Wochen komplett saniert. Die Materialien waren leicht verfügbar, die Arbeiter kannten die Technik. Keine Überraschungen.“ Das ist die Ausnahme. Viele Holzhäuser wurden in den 90ern mit falschen Dichtungen gebaut - und jetzt dringt Feuchtigkeit zwischen die Holzlatten. Das führt zu faulenden Balken. Die Lösung? Feuchtigkeitsmessung vor dem Start. Jedes Holzhaus braucht eine Feuchtigkeitsanalyse mit einem speziellen Messgerät - nicht mit dem Auge.

Fassadendämmung an einem Massivhaus aus den 1980er-Jahren mit alten Fenstern und Kellerrohren.

Fertighäuser: Präzise, aber mit Verbindungsproblemen

Fertighäuser sind wie Legosteine: Sie werden im Werk gebaut, dann auf der Baustelle zusammengesetzt. Das klingt perfekt - und ist es auch, solange alles passt. Aber die Schwachstellen liegen genau dort, wo die Module aufeinandertreffen: an den Fugen, an den Übergängen zwischen Boden, Wand und Decke. Nach 25-30 Jahren beginnen diese Stellen zu lecken, zu kühlen oder zu rissen.

Der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) sagt: 80 % der Fertighäuser aus den 90ern haben Probleme an den Modulverbindungen. Die Sanierung kostet 95-130 Euro pro Quadratmeter - aber die Arbeit ist komplex. Es reicht nicht, einfach Dichtmasse aufzutragen. Es braucht spezielle Dichtungstechniken, manchmal sogar das Entfernen und Ersetzen ganzer Wandelemente.

Ein Nutzer auf toom.de schreibt: „Die Sanierung der Anschlüsse war komplexer als erwartet. Die Firma musste spezielle Dichtungen einbauen - die Kosten stiegen um 22 %.“ Das ist typisch. Fertighäuser haben eine Vorteil: Du weißt, was drinsteckt. Die Baupläne sind gut dokumentiert. Du weißt, wo die Rohre laufen, wo die Dämmung ist. Das macht Planung einfacher - aber nicht billiger. Die durchschnittlichen Sanierungskosten liegen bei 310-370 Euro pro Quadratmeter. Die gute Nachricht: Du hast keine versteckten Kellerwände oder alte Ziegel, die plötzlich einbrechen. Alles ist kontrolliert - wenn du die Dokumente hast.

Ausbauhäuser: Die teuerste Überraschung

Ausbauhäuser klingen nach einer guten Idee: Du kaufst ein Rohhaus, baust es selbst aus - und sparst Geld. In der Theorie. In der Praxis? Fast jeder, der ein Ausbauhaus gekauft hat, hat später bereut. Warum? Weil der Innenausbau oft von Laien gemacht wurde. Und Laien machen Fehler. Schlechte Dämmung, falsche Elektroverkabelung, undichte Fenster, fehlende Dampfbremse - das ist die Realität.

Die Renovierungskosten liegen bei 360-420 Euro pro Quadratmeter - das ist mehr als bei fast allen anderen Haustypen. Warum? Weil du nicht nur sanierst, sondern auch nachbesserst. Die Bestandsaufnahme dauert zwei Wochen - nur um herauszufinden, was überhaupt schon da ist. Ein Nutzer auf ImmobilienScout24 sagt: „Ich dachte, ich spare Geld. Die Renovierungskosten lagen 38 % über dem Budget. Viele Arbeiten waren nicht fachgerecht.“

Die größte Gefahr? Unvorhergesehene Mängel. Du öffnest eine Wand - und siehst, dass der Boden nicht waagerecht ist. Du öffnest eine Decke - und findest Holzwürmer. Du schaltest die Elektrik ein - und die Sicherung fliegt. Das ist kein Ausbauhaus mehr. Das ist ein Sanierungsprojekt mit unbekannten Risiken. Wer ein Ausbauhaus kauft, muss bereit sein, doppelt so viel Geld und Zeit einzuplanen wie gedacht.

Modulverbindungen eines Fertighauses mit Wärmebildkamera, die Undichtigkeiten aufzeigt.

Was du jetzt tun solltest: Die 5 Schritte zur richtigen Sanierungsplanung

Es reicht nicht, zu wissen, welcher Haustyp welchen Bedarf hat. Du musst handeln. Hier ist dein praktischer Plan:

  1. Bestandsaufnahme machen - Lass einen unabhängigen Energieberater kommen. Der prüft nicht nur die Dämmung, sondern auch die Feuchtigkeit, die Elektrik und die Tragwerksicherheit. Das kostet 300-500 Euro, spart aber Tausende.
  2. Sanierungsziele definieren - Willst du nur warme Räume? Oder willst du die Heizkosten halbieren? Oder willst du den Wert deines Hauses steigern? Jedes Ziel braucht andere Maßnahmen.
  3. Fördermittel prüfen - Seit März 2024 gibt es bis zu 25 % Zuschuss von BAFA, maximal 60.000 Euro pro Wohnung. Die KfW zahlt bis zu 27,5 % Tilgungszuschuss für Altbauten. Das ist kein Kleingeld. Nutze es.
  4. Fachleute wählen - Ein Altbau braucht einen Sanierungsexperten mit Historiker-Know-how. Ein Holzhaus braucht einen Holzschutz-Spezialisten. Ein Fertighaus braucht einen, der mit Modulverbindungen arbeitet. Nicht jeder Bauunternehmer ist für jeden Haustyp geeignet.
  5. Zeitplan erstellen - Altbauten brauchen 4-6 Wochen für Dach und Keller. Massivhäuser 2-3 Wochen für die Heizung. Holzhäuser 2-3 Tage für die Feuchtigkeitsmessung. Planst du nicht, wirst du überrascht.

Die Zukunft: Was kommt noch?

Der Sanierungsmarkt wächst. Im Jahr 2024 wurden 142,3 Milliarden Euro in Renovierungen investiert. Bis 2030 soll es 285 Milliarden Euro sein. Warum? Weil die Energiekosten steigen. Weil das Gesetz verschärft wird. Und weil die meisten Häuser einfach zu alt sind.

Die Bundesregierung will bis 2045 klimaneutral sein. Das bedeutet: Fast jedes Haus in Österreich und Deutschland muss saniert werden. Aber die Sanierungsrate liegt bei nur 1 % pro Jahr - nötig wären 2,5 %. Das ist eine Lücke. Und die wird größer.

Die Lösung? Nicht abreißen. Nicht neu bauen. Sanieren. Mit Wissen. Mit Planung. Mit den richtigen Fachleuten. Dein Haus ist kein Problem. Es ist eine Chance. Aber nur, wenn du weißt, was du tust.

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Felicitas Call

Felicitas Call

Ich bin Tischlerin in Graz und spezialisiere mich auf maßgefertigte Innenausbauten. Ich plane und fertige Möbel sowie Einbauten für Altbau- und Neubauprojekte. In meiner Freizeit schreibe ich Fachbeiträge zu Immobilientrends, Sanierung und nachhaltigen Materialien. Ich verbinde Handwerk, Design und Praxiswissen für Wohn- und Gewerbeobjekte.

Kommentare (3)

wave
  • Lilli Koisser

    Lilli Koisser

    Dez 2, 2025 AT 13:55

    Ich hab ein Gründerzeithaus und sag euch: Wer nicht mit Kalkputz arbeitet, macht es falsch. Die moderne Dämmung ist ein Mythos, der nur Bauindustrie-reiche reich macht. Ich hab 12.000 Euro für ein WDV-System verschwendet und dann musste ich alles wieder rausreißen. Die Wand atmet nicht mehr. Schimmel kam zurück. Einfach nur traurig

  • Kean Wong

    Kean Wong

    Dez 2, 2025 AT 13:59

    Was ich an diesem Artikel liebe: Er sagt die Wahrheit ohne Umschweife. Kein Marketing-Gesülze, kein 'Klima retten'-Gekreische. Nur Fakten. Und die sind brutal. Ich hab ein Haus aus den 80ern. Die Heizung läuft seit 1987. Ich hab sie noch nie ersetzt. Jetzt muss ich. Und ich hab keine Wahl. Es ist kein Luxus. Es ist Überleben

  • Markus Sowada

    Markus Sowada

    Dez 3, 2025 AT 10:13

    Ich habe genau das gleiche erlebt! Meine Fassade wurde mit einem WDV-System gedämmt, obwohl das Haus aus dem Jahr 1928 stammt. Der Gutachter hat mir gesagt: 'Das ist ein historisches Gebäude, das braucht innenliegende Dämmung mit Dampfbremse!' Ich habe es ignoriert. Jetzt habe ich Schimmel an der Innenseite der Außenwände. Und die Firma weigert sich, die Kosten zu übernehmen. Ich bin enttäuscht. Und wütend. Und jetzt muss ich nochmal 18.000 Euro investieren. Warum hat niemand auf mich gehört?

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